Albrecht und Sabine reisen » Pazifik http://www.aus-reisen.de Ohne Flugzeug nach Kanada und um die Welt Tue, 24 Dec 2013 10:36:56 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.9.1 Stürmische Ankunft http://www.aus-reisen.de/2013/11/stuermische-ankunft/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=stuermische-ankunft http://www.aus-reisen.de/2013/11/stuermische-ankunft/#comments Tue, 12 Nov 2013 00:00:29 +0000 http://www.aus-reisen.de/?p=3311 Weiterlesen »]]> Bevor wir unsere Seefahrt beenden und in Südkorea an Land gehen, scheint sich der Pazifik noch einmal würdig von uns verabschieden zu wollen. Ein Taifun zieht an Japan vorbei und verursacht dabei so hohe Wellen, dass unser Schiff sich bis zu 20° Neigungswinkel auf die Seite legt. Nachdem uns bereits ein Glas in unserer Kabine zu Bruch gegangen ist, räumen wir alles weg, was vom Tisch herunter fallen könnte. Trotzdem klappert und scheppert es noch beängstigend in den Schränken, wenn Bücher, Dosen und Elektrogeräte von einer Ecke in die andere rutschen.

Wenn die Wellen seitlich auf das Schiff treffen, fängt es stark an zu rollen. Dabei rutscht alles hin und her, was nicht festgebunden ist. Auf dem Video ist vor allen Dingen ein Mülleimer zu hören, der scheppernd gegen Stühle und Möbel kracht.

Auch die Mahlzeiten in der Offiziersmesse verlaufen bei so einem Sturm nicht so ruhig und entspannt ab, wie sonst immer. Anstatt der Suppenteller gibt es große Schüsseln für die Suppe. Obwohl wir unsere Gläser bei jeder Welle festhalten, gibt es auch hier Scherben. Bei einer besonders großen Welle rutscht Albrecht einmal samt seinem Stuhl und Suppenschüssel, die er reaktionsschnell hochgehoben hat, quer durch den Raum. Mitten im Raum bleibt er dann stehen, weil die Welle ihren Höhepunkt erreicht hat und kommt dann in Gegenrichtung wieder zurück an den Tisch gerutscht.

Doch nicht alle können das Schwanken und Schaukeln, das für uns eher lustig ist, so auf die leichte Schulter nehmen. Einer unserer Mitpassagiere ist vor zwei Tagen unglücklich gestürzt und hat sich am Bein verletzt. Noch wissen wir nicht, was es genau ist, weil es keinen Arzt an Bord gibt und die Offiziere ohne Röntgengerät außer einer Schwellung nicht viel feststellen können. Also muss er die Zähne zusammen beißen und warten, bis er in Pusan in ein Krankenhaus fahren kann. Bisher konnte er auf Krücken wenigstens in seinem Zimmer umher humpeln, aber mit einem ständig schwankenden Boden unter den Füßen, auf dem schon wir Gesunden um unser Gleichgewicht kämpfen müssen, wird auch das bald unmöglich.

Der Kranke wird in einer Kiste mit einem Kran an Kai gelassen.

Der Kranke wird in einer Kiste mit einem Kran hinab gelassen

Wir unterstützen ihn so gut wir können und sind froh, als die Wellen wieder ruhiger werden und wir uns dem Hafen von Pusan nähern. Schon kommt der Lotse an Bord und übernimmt das Kommando. Als wir längsseits am Kai liegen stellt sich unserem Mitreisenden das nächste Problem: Die Gangway, die von Bord führt, ist schmal und wackelig, und bietet mit den Krücken nicht genügend Halt. Mit ihr kommt er jedenfalls nicht hinunter. Aber der Kapitän hat schon eine Lösung für das Problem. Die Matrosen stellen einen Stuhl in eine Metallbox, die sonst für Lasten verwendet wird. Darein wird der Kranke gesetzt und schwebt so langsam dem Kai entgegen, wo schon ein Mitarbeiter der Reederei auf ihn wartet. Mit den Krücken schafft er es bis ins bereit stehende Auto, aber dann muss er sie leider abgeben, weil es auf dem Schiff nur das eine Paar gibt. Das heißt, den Weg in die Zollstation und in die Behörde für Einreise muss er jeweils gestützt auf Albrecht und den Mitarbeiter der Reederei auf einem Bein hüpfend zurück legen.

Das erste das uns in Südkorea auffählt, sind die vielen Leuchtreklamen an den Häusern

Südkorea begrüßt uns mit einem Lichtermeer aus Leuchtreklamen

Als das alles geschafft ist, fahren wir auf dem schnellsten Wege ins Krankenhaus, wo die Ärzte einen Bruch feststellen, der am nächsten Tag operiert werden muss. Bis er dann wieder laufen kann, wird es wohl noch ein bis zwei Monate dauern. Wir verabschieden uns von ihm, denn wir wissen ihn jetzt in guten Händen. Wir fahren zu unserem Hostel und bummeln am Abend noch durch die Straßen mit den vielen Leuchtreklamen und kleinen Läden. Jetzt erst realisieren wir so richtig, dass wir in Südkorea angekommen sind.

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Seemannsgarn http://www.aus-reisen.de/2013/11/seemannsgarn/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=seemannsgarn http://www.aus-reisen.de/2013/11/seemannsgarn/#comments Sat, 09 Nov 2013 00:00:12 +0000 http://www.aus-reisen.de/?p=2541 Weiterlesen »]]> Es ist der 11. Oktober abends. Ich liege in unserer Kajüte und denke über unsere Reise nach. Morgen ist der 12. Oktober und damit jährt sich der Tag unserer Abreise. Ein Jahr sind wir dann schon unterwegs. Und was wir schon alles gesehen haben! Angefangen bei der Einreise nach New York, die Niagarafälle, dann Toronto, Ottawa und Montréal, wir haben Kanada mit dem Bus durchquert, waren im Yellowstone und sind jetzt auf dem Pazifik Richtung Asien unterwegs. Noch während ich darüber nachdenke, werde ich von den Wellen langsam in den Schlaf gewiegt.

Wir essen gemeinsam mit den Offizieren und Ingenieuren in der Offiziersmesse.

Wir essen gemeinsam mit den Offizieren und Ingenieuren in der Offiziersmesse.

Und der nächste Tag soll ein neues Abenteuer bereithalten. Wie gewohnt gehen wir um halb acht zum Frühstück. Das hört sich zwar recht früh an, aber durch die häufige Zeitumstellung (sieben Mal eine Stunde in den letzten zehn Tagen) fühlt es sich für uns eher an wie um halb drei Nachmittags. Wir frühstücken im gleichen Raum wie die Besatzung und während des Essens entspinnt sich ein langes Gespräch, in dem die Seeleute von fremden Ländern und über ihre Abenteuer auf See erzählen.

Afrika, so erzählen sie, sei zwar ein unsicheres Pflaster, aber mit den Waren von dort lasse sich immer noch ein bisschen dazu verdienen. Da hat einer eine Ladung Holzelefanten aus Afrika mitgebracht und sie gewinnbringend in Deutschland verkauft. Ein anderer hat in Nigeria einen Ottokatalog herumgezeigt und ist dann der inoffizielle offizielle Vertreter von Otto in Nigeria geworden.

Der Suezkanal wird unter Seeleuten auch Marlboro-Kanal genannt, weil man sich mit einigen Stangen dieser Zigaretten eine problemlose Durchfahrt sichern kann. Der Kapitän, ein Nichtraucher, habe extra einen ganzen Vorrat dabei.

Manchmal "landen" fliegende Fische auf Deck die von der Crew gerne roh gegessen werden,

Manchmal “landen” fliegende Fische auf Deck

Die Crew auf diesem Schiff besteht aus Philippinern und Europäern, was auf Frachtschiffen nicht unüblich ist. Vom Kapitän erfahren wir, dass es aber auch andere Besatzungen gibt, bei der die Crew seltsame Gewohnheiten mitbringt. Er erzählt über die Bewohner einer Inselgruppe bei Australien, mit denen er einmal gefahren ist. Sie sammelten morgens fliegende Fische ein, die durch das niedrige Freibord (also die Höhe der Reling von der Wasserlinie aus) über Nacht an Bord fliegen konnten. Die Fische wurden dann direkt an Ort und Stelle verspeist. Auch die Seemöwen, die manchmal das Containerschiff des Nachts als Rastplatz nutzten, waren vor der Crew nicht sicher. Sie schlichen sich an und fingen die Möwen mit der bloßen Hand ein. Nur als einem der Seeleute einfiel, sich eine Möwe als lebenden Proviant in der Kajüte zu halten, musste der Kapitän dann doch sein Veto einlegen.

Neben der Offiziersmesse hängt eine große Weltkarte, wo die aktuelle Schiffsposition zu sehen ist. Wir befinden uns in der nähe der Beringsee.

Neben der Offiziersmesse hängt eine große Weltkarte, auf der die aktuelle Schiffsposition zu sehen ist. Wir befinden uns in der Nähe der Beringsee.

Während wir uns noch unterhalten, kommt plötzlich eine Durchsage: Eisberg an Steuerbord! Wir fahren durch arktische Gewässer und warten schon lange darauf, endlich mal einen Eisberg zu sehen. Also beenden wir kurzerhand unser Frühstück und gehen hoch auf die Brücke. Und tatsächlich, da treibt majestätisch und kalt ein Eisberg in einiger Entfernung im Meer. Doch noch mehr kann ich entdecken, als ich eines der großen Ferngläser nehme, die hier für die wachhabenden Offiziere bereitliegen. Etwa auf halber Strecke vor dem Eisberg treibt eine Eisscholle im Wasser, auf der sich etwas bewegt. Ich mache den Offizier auf der Brücke darauf aufmerksam und nach einer Weile stellt er fest: Das muss ein Eisbärenjunges sein. Was macht ein Eisbärenjunges so weit draußen auf dem Meer? Wir werden es wohl nie erfahren, aber ohne unsere Hilfe wird es wohl kaum den nächsten Tag überleben. Schon gibt der Offizier seine Anweisungen über Mikrofon an die Matrosen und wir begeben uns an Deck, um auch ja nichts zu verpassen. Als erstes kommt der Koch aus seiner Kombüse. Er hält geschälte, aufgeschnittene Zwiebelhälften in der Hand. Als die Scholle immer näher heran kommt, holt er aus und wirft sie zielsicher dem Eisbären vor die Nase. Wir wundern uns etwas, beobachten aber, was passiert. Und tatsächlich, der Eisbär schnüffelt daran und schon schießt ihm das Wasser in die Augen. Als es gefroren ist, und er nichts mehr sieht, werfen ihm einige Matrosen von Deck aus einen große Plane über den Kopf, an der große Seile befestigt sind. Hilflos und blind wie er ist, wehrt er sich zwar und brüllt und zappelt, aber er verheddert sich dabei nur immer weiter in der Plane. So können ihn die Matrosen langsam an Bord ziehen. Er wird in einem großen Käfig in der Werkstatt untergebracht.

Fliegende Fische

Fliegende Fische

An diesem Abend sammeln wir die fliegenden Fische an Deck ein und gehen hinunter, um den Eisbären zu füttern. Er hat sich inzwischen etwas beruhigt und frisst brav seinen Fisch. Plötzlich höre ich ein Geräusch aus der Dunkelheit weiter hinten in der Werkstatt. Ich gehe hin und entdecke unter einer Decke einen Käfig, in dem eine Möwe traurig mit den Flügeln schlägt. Gleich daneben steht eine mit Plane zugedeckte Kiste, aus der einige Holzelefanten hervorschauen. Darunter entdecke ich einige Kartons mit der Aufschrift „OTTOversand“. Als wir am Abend ins Bett gehen, schütteln wir den Kopf über so einen verrückten Tag.

Am nächsten Morgen schauen wir vor dem Frühstück in der Werkstatt vorbei. Der Eisbär, die Möwe und die Kisten sind verschwunden. Auch den 12. Oktober hat es für uns nie gegeben, denn wir sind an diesem Tag über die Datumsgrenze gefahren und so folgte auf den 11. gleich der 13. Oktober. Die Geschichten allerdings, die haben wir so gehört und es bleibt unseren Lesern überlassen, ob sie sie glauben, oder nicht.

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Wir stechen in See http://www.aus-reisen.de/2013/11/wir-stechen-in-see/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=wir-stechen-in-see http://www.aus-reisen.de/2013/11/wir-stechen-in-see/#comments Wed, 06 Nov 2013 00:00:04 +0000 http://www.aus-reisen.de/?p=2571 Weiterlesen »]]> Hier im Hafen sind wohl keine Fußgänger eingeplant

Hier im Hafen sind wohl keine Fußgänger eingeplant

Es ist heiß. Die Sonne brennt unbarmherzig auf unsere Köpfe nieder, während wir die staubige Straße entlang laufen. Immer wieder kommen uns donnernde LKWs entgegen, die eine Wolke aus Staub und Dreck vor sich herschieben. Mein Rucksack drückt schwer auf meine Schultern, während ich stoisch einen Fuß vor den anderen setze. Vor mir läuft Albrecht mit einem noch größeren Rucksack.

Wir sind unterwegs im Containerhafen von Oakland und suchen die Hanjin Athens, das Containerschiff, mit dem wir bis nach Pusan in Südkorea fahren werden. Zunächst einmal gehen wir jedoch zu einem Bürogebäude im Hafen, wo wir uns laut Reisebüro melden sollen. Da es keinen offiziellen Eingang hat, gehen wir durch die einzige sichtbare Tür, die eher wie ein Hintereingang wirkt. Folgerichtig stehen wir dann auch mitten in einem Großraumbüro, dessen Schreibtische allerdings größtenteils verlassen daliegen. Nur ganz hinten taucht ein Kopf über den Trennwänden auf und schaut fragend in unsere Richtung. Wir erklären, dass wir als Passagiere auf einem Containerschiff mitfahren wollen, was die fragende Mine des Mannes allerdings nicht groß aufhellt. Er überlegt und verschwindet schließlich in einem Seitenraum. Kurze Zeit später kommt ein anderer Mann aus dem Büro auf uns zu und lässt sich dieselbe Geschichte noch einmal erzählen. Er kratzt sich am Kopf, verschwindet dann und kommt schließlich mit einer Liste in der Hand wieder. Zum Glück entdecken wir unsere Namen auf der Liste und so ruft der Mann über Funk seinen Kollegen an: „Billy? Here are two passengers“ (Billy? Hier sind zwei Passagiere). Nach einigen Erklärungen kommt Billy schließlich mit einem Auto angefahren und bringt uns zu dem Kai, wo die Hanjin Athens vor Anker liegt.

Über eine steile Gangway gelangen wir an Bord. Die Deckwache trägt uns in ein großes Buch ein, der Stewart führt uns in unsere Kajüte und dann sind wir uns selbst überlassen. Wir begutachten zunächst unser neues Heim für die nächsten zwei Wochen, gehen dann aber nach draußen, um das fleißige Gewimmel im Hafen zu beobachten. Da werden Container ein- und ausgeladen, Containerbrücken schwingen hin und her, LKWs reihen sich in Schlangen ein, bevor sie beladen werden, Hafenarbeiter befestigen Verbindungsstücke an den Containern und das ganze geht in emsiger Betriebsamkeit ineinander über. Plötzlich hören wir über unseren Köpfen ein Stimme. Wir schauen hinauf und entdecken den Kapitän auf der Brücke, der sich mit einem Beamten der Hafenbehörde unterhält. Auch er schaut neugierig nach unten, wer denn da auf seinem Schiff so leger und ohne Warnwesten herum läuft und so werden wir jetzt auch offiziell an Bord begrüßt.

Ein letzter stummer Gruß der neuen Welt

Ein letzter stummer Gruß der neuen Welt

Der Rest des Tages geht schnell vorbei und abends heißt es dann Abschied nehmen von Nordamerika. Langsam ziehen die Schlepper das Boot in die Fahrrinne und wir nehmen Fahrt auf. Es geht vorbei an San Francisco und unter der Golden Gate Bridge hindurch. Wie stählerne Wächter ragen die Pfeiler der Brücke bewegungslos in die Dunkelheit. Ein letzter stummer Gruß der neuen Welt bevor wir hinaus auf den Pazifik fahren.

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