Von Peking nach Moskau – Teil 2

Eindrücke einer 7621 km langen Zugreise

Geschrieben am 23. November 2013 von

Wir sitzen in einem Abteil des Peking-Moskau-Express und schauen aus dem Fenster. Heute Morgen sind wir in aller Frühe in Peking losgefahren und mussten erst unsere anfängliche Enttäuschung über die doch recht betagten Wagen überwinden. Inzwischen haben wir uns aber mit dem Zug angefreundet. Wir haben im Bord-Restaurant kostenlos Mittag gegessen, den Samowar ausprobiert und die Betten bezogen. Jetzt beobachten wir, wie die Schatten der vorbeihuschenden Häuser immer länger werden. Bevor wir uns aber das erste Mal schlafen legen, wird noch einiges passieren.

Wir fahren an trostlosen wirkenden Dörfern vorbei

Immer wieder tauchen Dörfer und Ansiedlungen auf

Wir fahren noch lange durch die immer gleiche graubraune Lehmlandschaft. Sie wirkt verlassen und trostlos, aber immer wieder tauchen darin kleine Dörfer und Ansiedlungen auf. Manchmal bestehen sie aus Häusern, die mit Lehmziegeln gebaut sind und sich kaum von der Umgebung abheben, dann wieder sehen wir moderne Reihenhaussiedlungen: Zehn Häuser nebeneinander, in acht schnurgeraden Reihen und alle sehen sie gleich aus! Hin und wieder ragt auch ein Hochhaus, Marke Plattenbau. aus diesen Reihen hervor.

Am Abend kommen wir dann in Erlian an, der letzten Stadt vor der Grenze zur Mongolei. Hier werden noch einmal unsere chinesischen Visa für die Ausreise abgestempelt und dann fahren wir in eine große Werkhalle ein, in der unser Zug für das mongolische Schienennetz umgespurt wird. Wir können dabei einfach in unserem Abteil sitzen bleiben, während die Arbeiter unter uns die Räder abändern.

Wir betrachten noch durch das Fenster die vielen Fahrgestelle, die an der Wand der Werkhalle aufgestellt sind, als es plötzlich einen unglaublichen Knall gibt und der ganze Waggon und wir mit ihm durchgeschüttelt werden. Das wiederholt sich noch ein paar Mal und so gehen wir neugierig hinaus auf den Gang um besser zu sehen, was passiert. Wir sehen gerade noch, wie sich nach einem erneuten Knall der nächste Waggon von unserem löst und ein paar Meter entfernt stehen bleibt. Ein Arbeiter legt einen dicken Hammer quer auf die Schiene vor das Rad und verhindert so, dass es weiter rollt. Nachdem der Waggon so gesichert ist, werden elektrischen Hebebühnen angeworfen, die von der Seite unter den Waggon greifen und ihn ganz langsam anheben. Auch unser Waggon wird kurze Zeit später angehoben, aber wir merken es kaum, so langsam geht das alles voran. Plötzlich schweben wir aber anderthalb Meter über dem Boden und die Drehgestelle, die auf den Schienen stehen geblieben sind, können von einem Stahlseil einfach unter uns weggerollt werden. Gleich darauf kommen auch schon die neuen Räder angerollt und die Waggons werden darauf abgesenkt. Unter lautem Knallen und großem Gerüttel werden die Waggons dann verbunden und unsere Fahrt kann nach nur zwei Stunden auf breiteren Schienen weitergehen.

Wir sind in der Mongolei angekommen und warten das der Zug endlich weiterfährt

Wir sind in der Mongolei angekommen und warten darauf, dass der Zug endlich weiterfährt

Es ist jetzt schon bald um eins und wir sind müde, weil wir in der letzten Nacht nur vier Stunden geschlafen haben. Aber noch sind wir nicht in die Mongolei eingereist. Das heißt, dass wir noch die dortigen Grenzkontrollen abwarten müssen, bevor wir schlafen gehen können. Da sind wir ganz froh, dass der Zug bald wieder anhält. Die Grenzbeamtin kommt in unser Abteil, salutiert und fragt nach den Pässen, die wir ihr aushändigen. Wir sind etwas nervös, weil wir kein Visum beantragt haben. Vor zwei Monaten haben sich die Einreisebestimmungen für Deutsche in die Mongolei geändert, sodass unser Reisepass eigentlich ausreichen sollte, aber ob die Beamten das auch wissen? Sie schaut sich die Pässe nur kurz an und verschwindet dann mit ihnen. Soweit so gut, jetzt heißt es warten. Und wir warten lange. Eine Stunde steht unser Zug auf dem Bahnhof und wartet. Zwischendrin kommt ein Kohlewagen vorbei, der uns mit Kohle beliefert. Die Heizung und auch der Samowar, der im Gang steht, werden nämlich mit einem echten Kohlefeuer betrieben. Jedes Mal, wenn der Schaffner neu auflegt, riecht es im ganzen Waggon danach.

Müde starren wir aus dem Fenster auf den verlassenen Bahnhof und das beleuchtete Bahnhofsgebäude. Es wirkt schon ganz anders als in China, die vielen Erker und Verzierungen und die flachen Dächer unterscheiden sich deutlich von dem, was wir in China und in Südkorea kennen gelernt haben.

Dann kommt endlich die Beamtin zurück und händigt uns unsere Pässe ohne weitere Fragen aus. Wir haben jetzt einen weiteren Stempel in unseren Reisepässen und können uns beruhigt schlafen legen. Beim gleichmäßigen Rattern des Zuges, der jetzt durch die Weiten der mongolischen Steppe fährt, versinken wir bald in einen tiefen Schlaf.