Québec

Geschrieben am 2. September 2013 von

Kurz nach unserer Ankunft auf der Farm gab es gleich einen Tag frei, weil die Provinz Québec ihren Nationalfeiertag feierte. – Eine Provinz mit einem Nationalfeiertag? – Richtig! Québec ist, neben der kanadischen, die einzige anerkannte Nation innerhalb Kanadas. Also heißen hier die Naturschutzgebiete nicht “Provinzpark”, sondern “Nationalpark” und es gibt einen Nationalfeiertag, an dem Schulen und Behörden geschlossen sind, Volksfeste in den Dörfern veranstaltet werden und abends um ein großes Feuer getanzt und getrunken wird.

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Festwimpel mit der französischen Lilie als Symbol für Québec

Fast zwei Monate halten wir uns insgesamt in Québec auf. Außerhalb von Montréal erleben wir bald, dass hier nicht nur “auch” Französisch gesprochen wird, sondern ausschließlich Französisch. Auf dem Land können die meisten Leute kaum Englisch und selbst die jungen Leute verstehen zwar meistens Englisch, aber sie können es nicht sprechen. So habe ich dann eine Gelegenheit, mein Französisch anzuwenden. Allerdings ist der québecische Dialekt so verschieden, dass selbst ein Québecer uns erzählt, dass Franzosen versucht haben, mit ihm auf Englisch zu kommunizieren, weil sie sein Französisch nicht als solches erkannt haben. Für mich heißt das, dass ich den Leuten erzähle, was ich möchte und deren Antwort freundlich nickend hinnehme, ohne sie ganz zu verstehen.

Eine schöne Steinkirche - welche eine Seltenheit in Kanada!

Eine schöne Steinkirche – welch eine Seltenheit in Kanada!

Als wir entlang des Sankt-Lorenz-Stroms, der den Ontariosee mit dem Atlantik verbindet, von Québec City aus nach Montreal zurück radeln merken wir, dass auch die Ortschaften entlang des Flusses sich deutlich von denen im restlichen Teil Kanadas unterscheiden. Nicht ein Supermarkt und Einkaufsläden sind der Mittelpunkt des Ortes, sondern eine richtige Dorfkirche. Die Kirche und auch einige der umliegenden Häuser sind aus Stein gebaut, was in Nordamerika schon eine Seltenheit ist. Wir vermuten den Grund hierfür darin, dass sie deutlich früher gebaut wurden, da das Land von Québec City aus in Richtung Westen besiedelt wurde.

Auch Québec City überrascht uns. Sie ist eine der ältesten Städte Nordamerikas und die einzige, die von einer richtigen Stadtmauer umgeben ist. Diese schützte sie vor Angriffen der Engländer und später auch der Amerikaner. Als wir die Altstadt betreten fühlen wir uns nach Europa zurück versetzt. Alte Steinhäuser flankieren die sonnenbeschienenen Plätze und engen Gassen. Straßenmusikanten spielen traditionelle Volksmusik. Einfach herrlich, nach 9 Monaten Kanada wieder einmal eine europäisch anmutende Idylle genießen zu können!

Bei der Besichtigung einer anglikanischen Kirche in der Stadt Trois Rivières bekommen wir auch einen Einblick in das Verhältnis zwischen der französischstämmigen und der englischstämmigen Bevölkerung. Unser Guide erklärt uns, dass die Kirche bis zu der Eroberung Québecs durch die Engländer katholisch war. Unter englischer Verwaltung wurde sie als Gerichtssaal umfunktioniert und es wurde dort eine offizielle Zeremonie veranstaltet, bei der die québecische Flagge abgegeben wurde. Viele Québecer hadern bis heute mit ihrem Status als Minderheit in einem englisch-dominierten Staat. In den letzten 30 Jahren gab es zwei Volksabstimmungen zur Frage der Unabhängigkeit Québecs, die jedes Mal nur knapp abgelehnt wurden (das letzte Mal 1995 mit 50,58% zu 49,42%). Viele Québecer sehen sich aber genauso als Kanadier wie als Québecer und so bleibt Québec bis heute eine Provinz mit besonderem Flair.

Wir genießen unseren freien Tag und gehen natürlich auch auf eines der Feste. Als eine regionale Musikergruppe anfängt zu spielen, stellt einer der Sänger erst ein mal klar: „Heute ist UNSER Tag! Das ist UNSER Fest! Wir sprechen FRANZÖSISCH. Wir sind QUÉBEC!“. Als zwei Wochen später der Rest von Kanada den kanadischen Nationalfeiertag begeht müssen wir leider arbeiten.